EIN INTERVIEW MIT LYNNE MCEWAN


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„In meiner Karriere war nichts geplant“, erzählt Lynne McEwan, Global Marketing Manager für die Single Malts der Bruichladdich-Destillerie. „Ich wollte einfach Teil dieses Unternehmens ein, weil ich sehr inspiriert war von der Vision dessen, was an diesem Ort möglich ist – und ich bin es immer noch.“ Ihre Karriere in der Bruichladdich-Destillerie begann kurz nach deren Wiedereröffnung im Jahr 2001. Wie viele unsere lokalen Mitarbeitenden begann sie bei uns als Tour Guide im Laddie Shop, unserem Shop vor Ort.

Sie sah es überhaupt nicht als ihre Bestimmung an, in der Whiskybranche zu arbeiten – obwohl sie eigentlich als älteste Tochter unseres früheren Chefbrenners, Jim McEwan, von Geburt an mit der Whiskyherstellung vertraut war. Jim spielte eine große Rolle bei der Auferweckung der Bruichladdich-Destillerie im Jahr 2001 und ihrem Ruf als Destillerie, die einen Unterschied machte. Erst als Lynne im Jahr 2004 in Südafrika in einem Raum voller Menschen stand, die an ihrem ersten Tasting teilnahmen, wurde ihr bewusst, dass sie ihren Vater noch nie destillieren gesehen hatte. Doch sie musste ihren eigenen Weg beschreiten. 

„Zu dieser Zeit gab es auf Islay in der Whiskybranche nur Jobs in der Produktion, und an diese kam man schwer heran. Über die Produktion hinaus hatte ich kein Bild von den vielen verschiedenen Jobs, die es in der Industrie gab, denn auf der Insel gab es sie nicht. Eine Arbeit in der Whiskybranche schien also nicht möglich für mich. Als Bruichladdich auferweckt wurde, änderte sich vieles. Es flammte diese starke Vision auf dessen, was durch sie möglich wäre.“

Denn ein Daseinszweck von Bruichladdich war es, lokale Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. So sollte eine Region gestärkt werden, die unter einem Bevölkerungsrückgang und wirtschaftlichen Rückschlägen litt. Sie erzählt, wie sie jeden Job annahm, der sich auftat: Dateneingabe für den Lagerbestand, Verkauf, eine Rolle als Markenbotschafterin, durch die sie weltweit reisen konnte. Von 2012 an, als wir Teil von Rémy Cointreau wurden, begann sie in der Markenführung zu arbeiten. Diese Rolle schien ihr zu diesem Zeitpunkt auf den Leib geschrieben, so erzählt sie, denn sie hatte unsere Geschichte bereits 20 Jahre lang erzählt. Auf ihrem folgenden Weg wurde sie nach und nach zu der Position befördert, die sie heute innehat.

Als eifrige Leserin ist sie jemand, die gerne Neues lernt. Weiterbildung ist ihrer Meinung nach ein wichtiger Teil ihrer Position. Bruichladdich verfolgte immer einen transparenten Ansatz: „Wir wollten unsere Geschichte erzählen, über das sprechen, woran wir glauben, Menschen aufrütteln, wenn es nötig war...Wir werden keine Geschichte erzählen, die realitätsfern ist.“ Sie findet, je mehr Whiskywissen verfügbar ist, desto besser ist es für alle. „Whisky hat so viel Tiefe und ist so umfassend, aber man kommt erst dahinter, wenn man Schicht für Schicht dahinter blickt und mehr darüber lernt.“

DIE FRÜHEN TAGE

Sie hat beobachtet, wie sich die Branche geöffnet hat. Sie findet, dies birgt Vorteile über die Branche hinaus. „Als ich begann, hier zu arbeiten, war alles noch sehr anders. Heute gibt es viel mehr Destillerien, die einen ähnlichen Ansatz wie wir verfolgen: Also, den gesamten Prozess vom Land zum Dram im Blick zu haben, für diesen Verantwortung zu übernehmen und Wertschöpfung in die Community zu verlagern. Viele von ihnen haben von klein auf ein ökologisches Bewusstsein, also sind sie uns in vielerlei Hinsicht voraus, und das ist unglaublich. Wir waren 2018 auf dem World Whisky Forum – so viele Menschen dort verwiesen auf „Bruichladdich“ und sagten ‚Ihr inspiriert uns!‘...das war toll.  Aus einer Einzelstimme wurde eine ganze Bewegung. Und diese inspirierte wiederum andere Destillateure, einen Schritt weiterzugehen als wir, und nun lernen wir von ihnen. Ein wunderbarer Kreislauf hat sich so entwickelt...

Wenn wir die Welt wirklich verändern möchten, kann keiner von uns es alleine tun. Es gibt keinen Wettbewerbsvorteil, weil man Dinge richtig macht – sei es mit regenerativer Landwirtschaft, Wasserstofftechnologie, Glasflaschen mit wenig Gewicht oder dem Stärken von ländlichen Communities für die Zukunft. Wir müssen teilen. Wir müssen Wissen verfügbar machen, voneinander lernen, Dinge ausprobieren, Fehler machen und es erneut versuchen.  Wir müssen es gemeinsam tun.“

Für Lynnes Generation gab es außerdem andere willkommene Fortschritte hinsichtlich der Gleichberechtigung. „Es gibt jetzt mehr Frauen in der Produktion. Das ist großartig. Aber es gibt noch viel zu tun. Ich bin der festen Überzeugung, dass man keinen Job auswählt, den man nicht mit eigenen Augen gesehen hat.  Wenn also die Kinder von Islay Georgie [Crawford, die erst bei Lagavulin arbeitete und jetzt eine neue Rolle bei Farkin hat] oder mich sehen, Emma in der Personalabteilung, Jane im Content Team, Joanna und Moira in der Lagerhaltung oder Arlene und Tina in der Abfüllung, dann sehen sie auch, dass es Möglichkeiten für sie auf Islay gibt. Ihr Horizont wird dadurch erweitert.“

Sie verweist auf die Fortschritte in der Bruichladdich-Destillerie: Denn in unserem Senior Management Team sind seit den letzten Jahren ganze 60 Prozent der Mitarbeitenden weiblich. „Wir alle machen Erfahrungen, die hilfreich für andere Frauen sein können. Die Menopause durchzumachen, zur Arbeit zurückzukehren, nachdem man ein Baby bekommen hat, Arbeit und Home Schooling unter einen Hut zu bringen, einen unerfüllten Babywunsch zu haben oder die Eltern zu pflegen – und manchmal mehrere Dinge auf einmal... All dies sind Probleme, die zu bewältigen sind. Und statistisch gesehen tragen Frauen hier die Last.“ Lynne arbeitete „eine ziemlich lange Zeit“ drei Tage die Woche als ihre Kinder klein waren, und sie sagt, dass es nicht einfach war. Sie erzählt, die Überzeugung, dass wir auch in Teilzeit „wachsen und viel zum Unternehmen beitragen können“, muss weiter in den Köpfen der Menschen verankert werden.

In der Destillerie gibt es heute mehr flexible Arbeitsmöglichkeiten als noch vor fünf Jahren – aber wir möchten noch mehr erreichen. Unsere Richtlinien für die Elternzeit wurden verbessert. Lynne betont, dass es nicht nur darum geht, dass Mütter zuhause bleiben können – auch die Elternzeit für Väter ist wirklich wichtig. Dieses Jahr beginnt eine Frauengruppe (das erste Treffen war auf dem International Women‘s Day 2022), und ein wichtiger Agendapunkt ist es, Tabuthemen zur Sprache zu bringen, auch für die Männer in der Branche – und sicherzugehen, dass sich jeder unterstützt und gut informiert fühlt.

Angesichts der Offenheit von Lynne, ihres Humors und ihrer starken Überzeugungen erscheint es logisch, dass sie ihre Entwicklungsjahre bei Bruichladdich verbracht hat, und Bruichladdich mit ihr. „Ich glaube einfach an diesen Ort. Ich glaube daran, dass mit diesem Ort Veränderungen kommen, dass er Möglichkeiten schafft, und dass ich ein Teil davon sein kann. Wenn das, was ich tue, dazu beiträgt, dass ich diesen Traum einen kleinen Schritt weiterbringe und eine positive Wirkung auf Islay erzielt wird, dann bin ich zufrieden mit dem, was ich bin.“

Diese Leidenschaft in unserem ganzen Team hat unseren bisherigen Weg geprägt – und wird dies auch in Zukunft tun.

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