FÄSSER FÄSSER FÄSSER


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Hier folgt ein kurzer Überblick über die verschiedenen Variablen, die bei der Reifung einer Spirituose in hölzernen Fässern eine Rolle spielen.

WIE HÄUFIG WURDE DAS FASS BEREITS VERWENDET?

Traditionell wurden Fässer in Schottland viele Male verwendet. Ein Faktor, der hinsichtlich der Ausgewogenheit zwischen dem Einfluss des Holzes und des Destillats einen großen Einfluss hat. Es liegt im Können des Whiskybrenners, diese Einflüsse herauszukristallisieren und zu managen, indem er verschiedene Fässer unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlicher Holzaktivität miteinander vermählt. Die folgende Reihenfolge gibt es in Schottland für die bei der Fassreife verwendeten Fässer.

„Virgin Fill“: Hierbei handelt es sich um ein eher neues Phänomen in Schottland, entstanden durch das Experimentieren unter modernen Brennern. Traditionell war die große Mehrheit der Scotch Whisky Fässer bereits zuvor mit Inhalt befüllt – für gewöhnlich ein europäischer Wein, oder auch ein nordamerikanischer Whiskey. Frische Eichenfässer wurden gewöhnlich zuvor zu einem gewissen Grad einer Vorbehandlung mit Luft oder einem Kiln Seasoning und einer Wärmebehandlung unterzogen (siehe unten). 

Durch das Seasoning trocknen die Eichendauben richtig und die Holzporen öffnen sich – so kann die Spirituose dann tiefer in das Holz eindringen und mehr Zucker und Farbkomponenten herauslösen. Ein Luft-Seasoning über mehrere Monate hinweg ist die edlere Version dieses Prozesses. Denn so tritt eine gewisse Zersetzung der Holzfasern ein, wodurch mehr interessante Aromakomponenten für den Whisky entstehen. 

Frische Eichenfässer jedweder Eichenart sind in Schottland noch selten. Sie können einen schnellen, kräftigen Einfluss auf sogar das robusteste Destillat haben, siehe unsere Octomore .4 Editionen. Sie sorgen schnell für Farbe, Süße und intensiv-würzige Noten, sowie Noten von Lakritz und Vanille – häufig Aromen, die vom amerikanischen Bourbon bekannt sind. In unserer Bruichladdich-Destillerie haben wir nur eine kleinere Menge frischer Eichenfässer. Diese eröffnen uns Möglichkeiten für die Rezepturen unserer Whiskys.

„First Fill“: Fässer, die zuvor mit Sherry, Portwein, Wein oder einer anderen Whisky- oder Spirituosenart befüllt waren und nach Schottland gebracht wurden. Manchmal werden die Fässer in Komponenten aus Dauben zerlegt und von schottischen Böttchern in andere Fässer eingebaut. „First Fill“ Fässer heißt, dass sie bereits mit alkoholischen Getränken befüllt wurden, aber nun das erste Mal mit schottischer „New Make“-Spirituose befüllt werden. Diese werden am häufigsten in der heutigen Whiskyindustrie verwendet. Denn die Brenner möchten aromareichere, häufig auch süßere Scotch Whiskys kreieren und eine größere Kontrolle über die Reifung haben. Hier bei Bruichladdich nutzen wir mehrheitlich „First Fill“ ehemalige amerikanische Bourbon-Fässer aus Eiche. In diesen Fässern kann der Whisky mit einer guten, einheitlichen Geschwindigkeit reifen. Sie sorgen für eine Süße und Sämigkeit und geben würzige Noten an den Whisky ab. So hat der Charakter einer Spirituose auch mehr Raum sich zu entfalten als bei den frischen Eichenfässern.

„Second Fill“: Zu diesem Zeitpunkt haben die meisten Fässer bereits einen recht großen Anteil ihrer natürlichen Holzzucker und Farbkomponenten abgegeben. Aus diesem Grund sind die Whiskys dann heller, reifen in einem stetigeren Tempo und erhalten daher mehr Getreide-, und Fruchtaromen sowie einen natürlichen Charakter des Destillats. Häufig lässt sich beobachten, dass „Second Fill“-Fässer den Charakter eines Destillats über einen längeren Reifungszeitraum bewahren können. Dennoch hängt die Aktivität dieser Fässer auch damit zusammen, wie lange sie bei ihrem „First Fill“ gefüllt waren. Wir variieren die Anteile unserer „Second Fill“-Fässer in unseren Rezepturen der Bruichladdich-Destillerie. Für die Ausgewogenheit und Komplexität des finalen Whiskys ist das häufig von Vorteil.

„Refill“: Traditionell wurden Fässer, die mehr als zwei Mal befüllt worden waren, „Plain oak“ genannt. Diese Fässer haben noch Spuren von Zucker und anderen Komponenten, sind aber in ihrem Charakter um einiges neutraler als die aktiveren mit weniger Befüllungen. „Refill“-Fässer und Hogsheads dieses Alters wirken je nach früherer Füllung sehr unterschiedlich. Häufig werden sie für die langjährige Reifung verwendet, da die Spirituose lange Zeit in ihnen reifen kann, bevor sie zu dominant werden. Manche der ältesten Whiskys von Bruichladdich sind über die Jahre für lange Zeiträume in solchen „Refill“-Hogsheads gereift.

WAS WAR ZUVOR IN DEM FASS?

Die vorherige Verwendung eines Fasses kann einen bedeutenden Einfluss auf den Charakter einer Spirituose haben, die in diesen Fässern anschließend reift.

Bourbon und amerikanischer Whiskey: Das amerikanische Gesetz schreibt vor, dass die Brenner frische Weißeichenfässer verwenden müssen. Ist dies verbunden mit der Reifung in einem warmen Klima (wie es häufig der Fall ist), entsteht dadurch ein besonders kräftiger, dominanter Whiskey. Der Einfluss der Eiche ist vorherrschend und hochverdichtet. Häufig haben sie dann intensive Würznoten sowie deutliche Noten von Lakritz, getrockneter Früchte und Vanille. Diese Rückstände sind wiederum der unverkennbare Effekt von „First Fill“ ehemaligen Bourbon-Fässern auf den Scotch Whisky. Die etwas weniger aktive Eiche verbunden mit einem anderen Destillat und einem kühleren Klima bei der Reifung in Schottland führen zur Entstehung von Whiskys, die häufig eine natürliche Süße der Gerste in sich tragen – aber von sämiger Vanille, Kokosnuss und leicht würzigen Noten der Fässer und den Rückständen der amerikanischen Spirituose komplementiert werden.

Sherry: Die Briten waren lange Zeit die weltweit größten Konsument:innen von Sherry. Dies hatte den glücklichen historischen Effekt, dass Sherry-Fässer wie Sand am Meer auf unseren Inseln verfügbar waren und für die aufkommende Whiskyindustrie im 19. Jahrhundert schon bereit standen. Die Fässer - traditionell meist aus amerikanischer Eiche, aber es gab auch spanische Eichenfässer - wurden für die Reifung des Sherry und den Export aus Spanien verwendet. Diese Fässer wurden dann im Vereinigten Königreich entleert (häufig an einem Handelshafen wie Bristol) und nach Schottland transportiert, um dort für die Reifung von Whisky verwendet zu werden.

Heute sind diese „Old Style“ Sherry-Fässer extrem schwer aufzuspüren. Denn Sherry darf nach dem Gesetz nicht mehr außerhalb Spaniens abgefüllt werden. Auch der Konsum im Vereinigten Königreich hat extrem nachgelassen. Das führt dazu, dass viele Brenner speziell aufbereitete Fässer in Spanien in Auftrag geben oder diesen in ihren eigenen Bodegas ihr Seasoning verleihen. Hier in der Bruichladdich-Destillerie beziehen wir noch kleine Mengen traditioneller Sherry-Fässer von unserem Partner in Jerez. Diese nutzen wir seit vielen Jahren um hochwertige Sherrys reifen zu lassen. Süßere Arten eines lange gereiften Sherry wie zum Beispiel Pedro Ximénez oder Cream Sherry geben intensive Aromen dunkler Früchte und eine sirupartige Süße ab. Der trockenere Oloroso oder Amontillado hingegen verleiht dem Whisky einen eher lederartigen, erdigen und nussigen („rancio“) Charakter. Fässer, die hellere, trockenere Sherrys wie zum Beispiel Manzanilla oder Fino enthielten, geben eher weniger Farbe ab und verleihen nussige, salzige Aromen sowie Noten tropischer Früchte.

Weine: In der zeitgenössischen Whiskyreifung werden auch viele ehemaligen Weinfässer verwendet. Der vorherrschende Einfluss von diesen sind tendenziell süße oder trockene Aromen, und rote oder weiße Trauben. Süßere Weine, wie zum Beispiel Sauternes, können dem Whisky komplexe Schichten aus Gartenfrüchten, Honig und einer eleganten Süße beifügen. Ein Fass, das einen trockeneren Rotwein enthielt - wie zum Beispiel ein Ex-Bordeaux oder Ex-Burgundy -, gibt eher ausdrucksstarke Würznoten ab, sowie deutlichere Noten von roten Früchten und Tanninen. Im Gegensatz hierzu können „Pipes“ mit süßem Rotwein wie Portwein konzentrierte, süße und konfitürartige Aromen roter Früchte abgeben.

Diese Fässerarten haben häufig Rückstände vorheriger Füllungen, die vom Holz aufgenommen wurden. Sie können von einer stärkeren Spirituose herausgelöst werden und die entstehenden Whiskys mit zusätzlichen Aromen und Farben durchtränken. Das ist der Grund, warum wir so stolz sind auf die Qualität der Weinunternehmen, von denen wir Fässer beziehen.

Die Aktivität eines Weinfasses hängt außerdem stark von der Anzahl seiner Füllungen ab. Ein frisches, „First Fill“ ehemaliges Rotwein-Barrique kann ein kurzes, aktives und kräftiges Fass sein, während dasselbe Fass in seiner zweiten Füllung das perfekte Gefäß für eine längere, langsamere, vollständige Reifung sein könnte. Bei Bruichladdich nutzen wir viele verschiedene solcher Fässer um die Bandbreite unserer Optionen und Aromen bei den Whiskyrezepturen zu erhöhen.

WÄRMEBEHANDLUNG?

Fast alle Fässer unterlaufen in unterschiedlicher Ausprägung einer Wärmebehandlung in den Böttchereien. Das bedeutet Verkohlen, Röstung oder häufig auch etwas von beiden Methoden. Diese Prozesse werden eher bei ehemaligen Bourbon-Fässern als bei historischen Sherry-Fässern vorgenommen. Dennoch verwenden Whiskybrenner heutzutage häufig wärmebehandelte französische Eichenfässer von Böttchereien und Weinunternehmen in ganz Europa, oder auch speziell beauftragte europäische Sherryfässer aus Eiche, die zu unterschiedlichem Grad eine Wärmebehandlung unterlaufen haben.

Das Verkohlen: Hierbei wird die Innenseite der Dauben einer direkten Flamme ausgesetzt. So entsteht eine Kohleschicht, die als Kohlefilter fungiert. Für die ersten Jahre der Reifung ist dies essentiell. Denn diese Schicht reinigt das Destillat, indem sie schärfere oder weniger angenehme Schwefelverbindungen und ähnliche Verbindungen herausfiltert, die andernfalls zu unangenehmen Aromen führen könnten. Dies ist der „subtraktive“ Prozessschritt in der Reifung. Es ist einer der Gründe, warum die Eiche ein so wichtiger Bestandteil in der Reifung eines Scotch Whiskys ist. Beim Verkohlen gibt es verschiedene Stufen, die für gewöhnlich mit den Zahlen 1-5 beschrieben werden. Die unterste Stufe ist ein sehr leichtes Verkohlen, das mit etwa 15 Sekunden unter einer direkten Flamme erzielt wird, während es bei der Stufe 5 mehr als 55 Sekunden sind. Beim Verkohlen werden außerdem Holzzucker karamellisiert. Wenn sie an die Spirituose abgegeben werden, verleihen sie dieser Farbe und süßere Aromen, die häufig mit einer aktiveren Eiche assoziiert werden. Diese Art zu verkohlen ist bei ehemals amerikanischen Bourbon-Fässern aus Eiche geläufiger.

Röstung: Im Unterschied zum Verkohlen geht es bei der Röstung eher um eine tiefere Hitzebehandlung des Holzes – auch wenn eine leichte Röstung bereits beim Verkohlen geschieht. Auch hier sollen die Holzzucker karamellisieren und die Holzporen sich öffnen, um tiefere Schichten der Dauben für die Interaktion mit der Spirituose zugänglich zu machen. Es wird oftmals mit dem Verkohlen in unterschiedlichem Grad kombiniert. Die Würze, Süße und Farbe in dem reifenden Whisky tritt so in den Vordergrund.

FÄSSERARTEN

Europäische / Französische / Spanische Eiche - „Quercus Sessiliflora“ und „Quercus Robur“: Diese Eichenarten stammen aus ganz Europa, aus Frankreich, Spanien, Ungarn bis hin zu Slowenien. Diese Arten sind weniger dicht gemasert, weshalb das Holz poröser ist. Das hat auch Auswirkungen auf den Bau der Fässer; es ist ein eher teureres Material. Auch auf die Charakteristika eines Whisky wirkt es sich aus: Kräftige Tannine sorgen für mehr Tiefe, zudem erhält der Whisky eine leichte Würze und dunklere Farben. Die Weinbauer „der alten Schule“ verkaufen diese Holzarten teurer. Viele Ex-Weinfässer und Ex-Sherry-Fässer sind aus dieser Eichenart gebaut.

Amerikanische Eiche - „Quercus Alba“: Die amerikanische Eiche ist dichter gemasert und daher unkomplizierter im Gebrauch: Sie hält eine Wärmebehandlung besser aus und hält besser wasserdicht. Diese Qualitäten machen sie zu einer günstigeren Alternative – das ist einer der Gründe, warum sie in der heutigen Whiskyindustrie meist verwendet wird. Dem reifenden Whisky verleiht sie aber ebenso feine und wertvolle Charakteristika. Sie enthält mehr Vanillin, sodass sie die Spirituosen süßer, vanilliger und sämiger macht und Noten exotischer Früchte abgibt. Alle amerikanischen Bourbon-Fässer sind aus Quercus Alba gebaut, ebenso viele Sherry-Fässer.

ANDERE EINFLUSSFAKTOREN AUF DAS AROMA IN DER BRUICHLADDICH-DESTILLERIE

Die Zeit im Fass: ohne Zweifel der größte intrinsische Faktor bei der Bestimmung des Einflusses der Fässer. Je länger eine Spirituose in einem Fass reift, desto größer ist der Einfluss des Fasses bei einer subtraktiven und additiven Reifung. Bei Bruichladdich überwachen wir die verschiedenen Fässerarten mit Argusaugen. Teil unserer Rezepturen sind häufig jüngere Whiskys mit einer aktiveren Eiche, während die älteren länger in weniger aktiven Fässern waren. Im vollendeten Whisky sind Aromen und Komplexität dann ausgewogen.

Lagerarten: Es gibt viele externe Faktoren, die sich auf ein einzelnes Fass auswirken können und auf das Reifungsprofil des Inhalts. Je nach Standort im Lagerhaus könnte es das Jahr über kälter oder wärmer sein. Auf den oberen Ebenen eines Lagerhauses mit Regalsystem ist die Jahresdurchschnittstemperatur deutlich höher als in einer Fassreihe in einem traditionellen Dunnage Warehouse. Gleichermaßen haben verschiedene Lagerhäuser unterschiedliche Luftfeuchtigkeitsniveaus. All das beeinflusst, wie schnell und zu welchen Anteilen Wasser und Alkohol aus einem Fass verdunsten. Manche Fässer auf den oberen Ebenen eines Lagerhauses mit Regalsystem gewinnen mit dem Alter an Stärke hinzu. Die meisten Fässer auf einer niedrigeren Ebene oder in einem Dunnage Warehouse hingeben verlieren an Inhalt und Alkohol in einem stetigeren, vorhersehbareren Tempo.

Kopfraum: Während der Reifung der Fässer verdunstet etwas Spirituose (was „Angel‘s Share“ genannt wird), wodurch der „Kopfraum“ eines Fasses zunimmt sowie die Ratio der Luft zur Spirituosenoberfläche im Fass. Hier kommt der extrem komplexe Prozess der „interaktiven Reifung“ ins Spiel. Anders gesagt, beim „Atmen“ des Fasses kann Flüssigkeit verdunsten und Luft in das Fass hineinkommen. Dieser Sauerstoff kann sich auf die Spirituose auswirken und dazu beitragen, Alkohol und andere Verbindungen abzubauen, sodass mit den Jahren zunehmend neue Aromen entstehen. Die Whiskys aus weniger aktiven „Refill“-Fässern mit einer langjährigen Reifung weisen als Ergebnis dieses Prozesses häufig eine tiefe Komplexität und deutlichere Fruchtnoten auf.

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